Wie wir wurden wer wir sind
Aus einem Gespräch mit Manfred Horschke
Aikido ist eine vergleichsweise junge Verteidigungskunst, die erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Begründet von Osensei Morihei Ueshiba, geformt durch den Lebensweg, den dieser bemerkenswerte Mann beschritten hat. Das ist insofern etwas ungemein Besonderes, als dass man als Aikidoka – wenn man den richtigen Menschen zuhört – immer noch solche findet, die unter dem Begründer des eigenen Kampfsports trainiert haben. Oder zumindest seinen Schülern.
Für mich war diese gelebte Geschichte immer faszinierend, und ich empfinde es als große Ehre, in Reutlingen unter Meistern lernen zu dürfen, die diesen Sport seit vielen Jahrzehnten ausüben.
Unser rangältester Aikidoka ist Manfred Horschke, der nun bereits seit 50 Jahren dabei ist.
Wir sind einer der ältesten und traditionsreichsten Aikido-Vereine Deutschlands. Bereits 1965 haben die ersten Lehrer innerhalb eines Judo-Fortbildungslehrganges in Tailfingen erste Erfahrungen mit dieser damals sehr neuen Kampfkunst gemacht. Dort erlangten sie den 5. Kyu, den gelben Gurt, und waren offenbar so begeistert, dass sie die Gelegenheit nutzten, um den japanischen Meister Kimura nach Reutlingen einzuladen.
Bald darauf war es soweit und die TSG Reutlingen durfte ihren ersten Aikido-Lehrgang ausrichten. Meister Erhard Altenbrandt – späterer Bundestrainer – erlangte hier übrigens seinen orangenen Gurt.
Der Lehrgang hatte derart Anklang gefunden, dass noch im gleichen Jahr die Sektion Aikido innerhalb der TSG Abteilung Judo gegründet wurde – noch waren wir zu klein, zu jung, für eine eigene Abteilung. Wir hatten noch keine erfahrenen Aikido Meister die hätten lehren können. Und so war auch unser erster Sektionsleiter ein Judoka – Rainer Klett. Doch innerhalb von 5 Jahren brachten wir es auf etwa 30 Mitglieder. Das war das Jahr 1971, das Jahr in dem Manfred beitrat.
Er war auf der Suche gewesen nach einem Sport, der ihn fit halten und Aspekte der Gymnastik enthalten würde, ohne große Ansprüche an Körpergröße oder Kraft zu stellen oder zu einseitig belastend wäre. Manfred kam durch Zufall zum Aikido – über einen Zeitungsartikel, den er just zu dieser Zeit las. So erging es wahrscheinlich den meisten von uns.
Für die ersten Lehrer war es sicherlich eine Zeit, die ihnen viel abverlangte. Sie eigneten sich ihr Wissen auf Fortbildungslehrgängen an oder luden Meister nach Reutlingen ein, wie den französischen Meister Nocquet, der bereits unter Meister Ueshiba gelernt hatte. In Reutlingen wurde dieses Wissen dann weitergegeben.
Das waren unsere ersten Aikido-Meister: Reiner Klett folgte Berthold Krause, und schließlich Manfred Horschke.
Wegen mangelnder Trainingsmöglichkeiten wurde einige Jahre später (1996) ein Dojo auf die Beine gestellt: Eine kleine, eigens hergerichtete Lagerhalle auf dem Heinzelmann-Gelände. Zu diesem Zweck wurde ein eigener Förderverein unter der Leitung von Klaus Lange-Feldhahn gegründet, der bis 2006 durch Spenden am Leben erhalten wurde. 10 Jahre lang trainierten wir direkt unter der Bühne des Theaters „Die Tonne“, wo hin und wieder während Vorstellungen und Proben der dumpfe Schlag eines hart fallenden Aikidoka zu hören war.
In diesem Zeitraum erlebten wir einen regelrechten Aufschwung, teilweise getrieben durch zahlreiche Kung-Fu-Filme. Immer mehr Leute interessierten sich für Kampfsport, wir erreichten zu unseren Höchstzeiten 170 Mitglieder und wurden eigenständig: Ursprünglich waren in der TSG Abteilung Judo die Sektionen Judo, Jujutsu, Karate und Aikido zusammen organisiert. Nachdem Karate schon früher eine eigene Abteilung gegründet hatte, folgten im Jahr 2000 auch die anderen Sektionen und teilten sich in einzelne Abteilungen auf.
Die TSG Abteilung Aikido war geboren!
Trotzem haben wir organisatorisch gemeinsame Wurzeln, teilweise auch im technischen Bereich. Vor allem mit der Abteilung Jujutsu bleiben wir Aikidoka daher verbunden. Heute noch trainieren wir zweimal im Jahr zusammen: Einmal am letzten Mittwoch vor den Sommerferien dürfen wir Aikidoka bei den Jujutsuka mittrainieren und am letzten Mittwoch vor den Weihnachtsferien ist es umgekehrt.
2006 allerdings musste der Dojo aufgegeben werden: Die Stadt Reutlingen vermietete die Räumlichkeiten auf dem Heinzelmann-Gelände nur noch vierteljährlich, jegliche Planungssicherheit ging verloren. Für uns als Verein war dies eine Zäsur.
Wir verloren einige Mitglieder und kehrten zurück zum Training in Turnhallen, wo Matten auf- und abgebaut werden müssen. Aber was wir nicht verloren haben, ist der Spaß an den komplexen, fließenden Bewegungen, die das Aikido ausmachen, der Reiz, Techniken zu lernen, die so schwer wie anmutig sind, und an ihnen immer weiter zu feilen, über Jahre und Jahrzehnte hinweg. Das Bewusstsein, dass man oft weiter kommt, wenn man mit seinem Partner arbeitet, statt gegen ihn. Und der Respekt füreinander, für alle Menschen, aber besonders für die Partner mit denen, und für die Meister von denen wir lernen.
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